In unserem Beispiel haben wir den Lambda-Ausdruck als Argument von Array.sort(…) eingesetzt:
Arrays.sort( words,
(String s1, String s2) -> { return s1.trim().compareTo(s2.trim()); } );
Wir hätten aber auch den Lambda-Ausdruck explizit einer lokalen Variablen zuweisen können, was deutlich macht, dass der hier eingesetzte Lambda-Ausdruck vom Typ Comparator ist:
Comparator<String> c = (String s1, String s2) -> {
return s1.trim().compareTo( s2.trim() ); }
Arrays.sort( words, c );
Funktionale Schnittstellen
Nicht zu jeder Schnittstelle gibt es eine Abkürzung über einen Lambda-Ausdruck, und es gibt eine zentrale Bedingung, wann ein Lambda-Ausdruck verwendet werden kann.
Definition: Schnittstellen, die nur eine Operation (abstrakte Methode) besitzen, heißen funktionale Schnittstellen. Ein Funktionsdeskriptor beschreibt diese Methode. Eine abstrakte Klasse mit genau einer abstrakten Methode zählt nicht als funktionale Schnittstelle.
Lambda-Ausdrücke und funktionale Schnittstellen haben eine ganz besondere Beziehung, denn ein Lambda-Ausdruck ist ein Exemplar einer solchen funktionalen Schnittstelle. Natürlich müssen Typen und Ausnahmen passen. Dass funktionale Schnittstellen genau eine abstrakte Methode vorschreiben, ist eine naheliegende Einschränkung, denn gäbe es mehrere, müsste ein Lambda-Ausdruck ja auch mehrere Implementierungen anbieten oder irgendwie eine Methode bevorzugen und andere ausblenden.
Wenn wir ein Objekt vom Typ einer funktionalen Schnittstelle aufbauen möchten, können wir folglich zwei Wege einschlagen: Es lässt sich die traditionelle Konstruktion über die Bildung von Klassen wählen, die funktionale Schnittstellen implementieren, und dann mit new ein Exemplar bilden, oder es lässt sich mit kompakten Lambda-Ausdrücken arbeiten. Moderne IDEs zeigen uns an, wenn kompakte Lambda-Ausdrücke zum Beispiel statt innerer anonymer Klassen genutzt werden können, und bieten uns mögliche Refactorings an. Lambda-Ausdrücke machen den Code kompakter und nach kurzer Eingewöhnung auch lesbarer.
Hinweis: Funktionale Schnittstellen müssen auf genau eine zu implementierende Methode hinauslaufen, auch wenn aus Oberschnittstellen mehrere Operationen vorgeschrieben werden, die sich aber durch den Einsatz von Generics auf eine Operation verdichten:
interface I<S,T extends CharSequence> {
void len( S text );
void len( T text );
}
interface FI extends I<String,String> { }
FI ist unsere funktionale Schnittstelle mit einer eindeutigen Operation len(String). Statische und Default-Methoden stören in funktionalen Schnittstellen nicht.
Viele funktionale Schnittstellen in der Java-Standardbibliothek
Java bringt schon viele Schnittstellen mit, die als funktionale Schnittstellen gekennzeichnet sind. Darüber hinaus führt das Paket java.util.function mehr als 40 neue funktionale Schnittstellen ein. Eine kleine Auswahl:
- interfaceRunnable{voidrun();}
- interfaceSupplier<T>{Tget();}
- interfaceConsumer<T>{voidaccept(Tt);}
- interfaceComparator<T>{intcompare(To1,To2);}
- interfaceActionListener{voidactionPerformed(ActionEvente);}
Ob die Schnittstelle noch andere Default-Methoden hat – also Schnittstellenmethoden mit vorgegebener Implementierung –, ist egal, wichtig ist nur, dass sie genau eine zu implementierende Operation deklariert.
Typ eines Lambda-Ausdrucks ergibt sich durch Zieltyp
In Java hat jeder Ausdruck einen Typ. 1 und 1*2 haben einen Typ (nämlich int), genauso wie „A“ + „B“ (Typ String) oder String.CASE_INSENSITIVE_ORDER (Typ Comparator<String>). Lambda-Ausdrücke haben auch immer einen Typ, denn ein Lambda-Ausdruck ist immer Exemplar einer funktionalen Schnittstelle. Damit steht auch der Typ fest. Allerdings ist es im Vergleich zu Ausdrücken wie 1*2 bei Lambda-Ausdrücken etwas anders gelagert, denn der Typ von Lambda-Ausdrücken ergibt sich ausschließlich aus dem Kontext. Erinnern wir uns an den Aufruf von sort(…):
Arrays.sort( words, (String s1, String s2) -> { return … } );
Dort steht nichts vom Typ Comparator, sondern der Compiler erkennt aus dem Typ des zweiten Parameters von sort(…), der ja Comparator ist, ob der Lambda-Ausdruck auf die Methode des Comparators passt oder nicht.
Der Typ eines Lambda-Ausdrucks ist folglich abhängig davon, welche funktionale Schnittstelle er im jeweiligen Kontext gerade realisiert. Der Compiler kann ohne Kenntnis des Zieltyps (engl. target type) keinen Lambda-Ausdruck aufbauen.
Beispiel: Callable und Supplier sind funktionale Schnittstellen mit Methoden, die keine Parameterlisten deklarieren und eine Referenz zurückgeben; der Code für den Lambda-Ausdruck sieht gleich aus:
java.util.concurrent.Callable<String> c = () -> { return "Rückgabe"; };
java.util.function.Supplier<String> s = () -> { return "Rückgabe"; };
Wer bestimmt den Zieltyp?
Gerade weil an dem Lambda-Ausdruck der Typ nicht abzulesen ist, kann er nur dort verwendet werden, wo ausreichend Typinformationen vorhanden sind. Das sind unter anderem die folgenden Stellen:
- Variablendeklarationen: etwa wie bei Supplier<String> s = () -> { return „“; }
- Argumente an Methoden oder Konstruktoren: Der Parametertyp gibt alle Typinformationen. Ein Beispiel lieferte sort(…).
- Methodenrückgaben: Das könnte aussehen wie Comparator<String> trimComparator() { return (s1, s2) -> { return … }; }.
- Bedingungsoperator: Der ?:-Operator liefert je nach Bedingung einen unterschiedlichen Lambda-Ausdruck. Beispiel: Supplier<Double> randomNegOrPos = random() > 0.5 ? () -> { return Math.random(); } : () -> { return Math.random(); };
Parametertypen
In der Praxis ist der häufigste Fall, dass die Parametertypen von Methoden den Zieltyp vorgeben. Der Einsatz von Lambda-Ausdrücken ändert ein wenig die Sichtweise auf überladene Methoden. Unser Beispiel mit () -> { return „Rückgabe“; } macht das deutlich, denn es „passt“ auf den Zieltyp Callable<String> genauso wie auf Supplier<String>. Nehmen wir zwei überladene Methoden run(…) an:
class OverloadedFuntionalInterfaceMethods {
static <V> void run( Callable<V> callable ) { }
static <V> void run( Supplier<V> callable ) { }
}
Spielen wir den Aufruf der Methoden einmal durch:
Callable<String> c = () -> { return "Rückgabe"; };
Supplier<String> s = () -> { return "Rückgabe"; };
run( c );
run( s );
// run( () -> { return "Rückgabe"; } ); // BANG! Compilerfehler
run( (Callable<String>) () -> { return "Rückgabe"; } );
Rufen wir run(c) bzw. run(s) auf, ist das kein Problem, denn c und s sind klar typisiert. Aber run(…) mit dem Lambda-Ausdruck aufzurufen funktioniert nicht, denn der Zieltyp (entweder Callable oder Supplier) ist mehrdeutig; der (Eclipse-)Compiler meldet: „The method run(Callable<Object>) is ambiguous for the type T“. Hier sorgt eine explizite Typumwandlung für Abhilfe.
Tipp zum API-Design: Aus Sicht eines API-Designers sind überladene Methoden natürlich schön, aus Sicht des Nutzers sind Typumwandlungen aber nicht schön. Um explizite Typumwandlungen zu vermeiden, sollte auf überladene Methoden verzichtet werden, wenn diese den Parametertyp einer funktionalen Schnittstelle aufweisen. Stattdessen lassen sich die Methoden unterschiedlich benennen (was bei Konstruktoren natürlich nicht funktioniert). Wird in unserem Fall die Methode runCallable(…) und runSupplier(…) genannt, ist keine Typumwandlung mehr nötig, und der Compiler kann den Typ herleiten.
Rückgabetypen
Typ-Inferenz spielt bei Lambda-Ausdrücken eine große Rolle – das gilt insbesondere für die Rückgabetypen, die überhaupt nicht in der Deklaration auftauchen und für die es gar keine Syntax gibt; der Compiler „inferrt“ sie. In unserem Beispiel
Comparator<String> c =
(String s1, String s2) -> { return s1.trim().compareTo( s2.trim() ); };
ist String als Parametertyp der Comparator-Methode ausdrücklich gegeben; der Rückgabetyp int, den der Ausdruck s1.trim().compareTo( s2.trim()) liefert, taucht dagegen nicht auf.
Mitunter muss dem Compiler etwas geholfen werden: Nehmen wir die funktionale Schnittstelle Supplier<T>, die eine Methode T get() deklariert, für ein Beispiel. Die Zuweisung
Supplier<Long> two = () -> { return 2; } // N Compilerfehler
ist nicht korrekt und führt zum Compilerfehler „incompatible types: bad return type in lambda expression“. 2 ist ein Literal vom Typ int, und der Compiler kann es nicht an Long anpassen. Wir müssen schreiben
Supplier<Long> two = () -> { return 2L };
oder
Supplier<Long> two = () -> { return (long) 2 };
Bei Lambda-Ausdrücken gelten keine wirklich neuen Regeln im Vergleich zu Methodenrückgaben, denn auch eine Methodendeklaration wie
Long two() { return 2; } // BANG! Compilerfehler
wird vom Compiler bemängelt. Doch weil Wrapper-Typen durch die Generics bei funktionalen Schnittstellen viel häufiger sind, treten diese Besonderheiten öfter auf als bei Methodendeklarationen.
Sind Lambda-Ausdrücke Objekte?
Ein Lambda-Ausdruck ist ein Exemplar einer funktionalen Schnittstelle und tritt als Objekt auf. Bei Objekten besteht normalerweise zu java.lang.Object immer eine natürliche Ist-eine-Art-von-Beziehung. Fehlt aber der Kontext, ist selbst die Ist-eine-Art-von-Beziehung zu java.lang.Object gestört und Folgendes nicht korrekt:
Object o = () -> {}; // BANG! Compilerfehler
Der Compilerfehler ist: „incompatible types: the target type must be a functional interface“. Nur eine explizite Typumwandlung kann den Fehler korrigieren und dem Compiler den Zieltyp vorgeben:
Object r = (Runnable) () -> {};
Lambda-Ausdrücke haben keinen eigenen Typ an sich, und für das Typsystem von Java ändert sich im Prinzip nichts. Möglicherweise ändert sich das in späteren Java-Versionen.
Hinweis: Dass Lambda-Ausdrücke Objekte sind, ist eine Eigenschaft, die nicht überstrapaziert werden sollte. So sind die üblichen Object-Methoden equals(Object), hashCode(), getClass(), toString() und die zur Thread-Kontrolle ohne besondere Bedeutung. Es sollte auch nie ein Szenario geben, in dem Lambda-Ausdrücke mit == verglichen werden müssen, denn das Ergebnis ist laut Spezifikation undefiniert. Echte Objekte haben eine Identität, einen Identity-Hashcode, lassen sich vergleichen und mit instanceof testen, können mit einem synchronisierten Block abgesichert werden; all dies gilt für Lambda-Ausdrücke nicht. Im Grunde charakterisiert der Begriff „Lambda-Ausdruck“ schon sehr gut, was wir nie vergessen sollten: Es handelt sich um einen Ausdruck, also etwas, was ausgewertet wird und ein Ergebnis produziert.