10.8 Annotationen in der Java SE
Wir haben Annotationen als benutzerdefinierte Modifizierer kennengelernt. Dabei ist uns @Override schon mehrfach begegnet. Die Annotation wird nur vom Compiler betrachtet und ist auch nur an Methoden gültig.
10.8.1 Orte für Annotationen
Annotationen lassen sich setzen an Deklarationen von:
Typen: Klassen, Schnittstellen, Aufzählungen, andere Annotationstypen
Eigenschaften: Konstruktoren, Methoden, Attributen
Eine Annotation von einem Typ kann zum Beispiel gesetzt werden bei:
Variablendeklarationen
new
Typumwandlung
der implements-Klausel
der throws-Klausel bei Methoden
Die Annotationen bei der Typnutzung nennen sich kurz Typ-Annotationen. Diese Form ermöglicht noch weitere Prüfungen von insbesondere externen Werkzeugen.
Java bringt einige Annotationstypen mit, doch die werden bisher ausschließlich für Deklarationen eingesetzt, wie das bekannte @Override. Vordefinierte Typ-Annotationen sind bisher in der Java SE nicht zu finden.
[+] Ausblick
Ein Beispiel für eine externe Bibliothek ist das Checker Framework (http://checkerframework.org/), das eine große Anzahl von Annotationstypen und ein Werkzeug zur Prüfung von Eigenschaften bereitstellt. Damit lässt sich zum Beispiel Folgendes schreiben:
@NonNull Object ref = new Object();
public int compareTo(@NonNull String other) { … }
boolean lessThan(double[] arr1, double @SameLen("#1") [] arr2) { … }
Ein anderes Beispiel ist Beans Validation (http://beanvalidation.org/), mit dem sich zum Beispiel Folgendes schreiben lässt:
Optional<@Past LocalDate> getBirthday() { … }
@Min(value = 18) @Max(value = 150) int age;
10.8.2 Annotationstypen aus java.lang
Das Paket java.lang deklariert fünf Annotationstypen, wobei uns @Override schon oft begleitet hat.
Annotationstyp | Wirkung |
---|---|
Die annotierte Methode überschreibt eine Methode aus der Oberklasse oder implementiert eine Methode einer Schnittstelle. | |
Das markierte Element ist veraltet und sollte nicht mehr verwendet werden. | |
Unterdrückt bestimmte Compilerwarnungen. | |
@SafeVarargs | Besondere Markierung für Methoden mit variabler Argumentzahl und generischem Argumenttyp |
Für Schnittstellen, die nur genau eine (abstrakte) Methode besitzen |
Die fünf Annotationen haben für den Compiler bzw. das Laufzeitsystem eine besondere Semantik. Die Java SE deklariert in anderen Paketen (wie dem java.lang.annotation- und javax.annotation-Paket) noch weitere Annotationstypen, doch die sind an dieser Stelle nicht relevant. Dazu kommen spezielle technologiespezifische Annotationstypen wie für die XML-Objekt-Abbildung oder Webservice-Deklarationen.
10.8.3 @Deprecated
Die Annotation @Deprecated übernimmt die gleiche Aufgabe wie das Javadoc-Tag @deprecated: Die markierten Elemente werden als veraltet markiert und drücken damit aus, dass der Entwickler Alternativen nutzen soll.
[zB] Beispiel
Die Methode fubar()[ 205 ](Im US-Militär-Slang steht das für: »Fucked up beyond any recognition« – »vollkommen ruiniert«. ) soll als veraltet markiert werden:
@Deprecated
public void fubar() { ... }
Ruft irgendein Programmstück fubar() auf, gibt der Compiler eine einfache Meldung aus.
Die Übersetzung mit dem Schalter -Xlint:deprecation liefert die genauen Warnungen; im Moment liefert -deprecation die gleiche Ausgabe.
Auch über ein Javadoc-Tag kann ein Element als veraltet markiert werden. Ein Unterschied bleibt: Das Javadoc-Tag kann nur von Javadoc (oder einem anderen Doclet) ausgewertet werden, während Annotationen auch andere Tools auswerten können.
10.8.4 Annotationen mit zusätzlichen Informationen
Die Annotationen @Override und @Deprecated gehören zur Klasse der Marker-Annotationen, weil keine zusätzlichen Angaben nötig (und erlaubt) sind. Zusätzlich gibt es die Single-Value-Annotation, die genau eine zusätzliche Information bekommt, sowie eine volle Annotation mit beliebigen Schlüssel-Wert-Paaren.
Schreibweise der Annotation | Funktion |
---|---|
@Annotationstyp | (Marker-)Annotation |
@Annotationstyp( Wert ) | Annotation mit genau einem Wert |
Annotation mit Schlüssel-Wert-Paaren |
Klammern sind bei einer Marker-Annotation optional.
10.8.5 @SuppressWarnings
Die Annotation @SuppressWarnings steuert Compilerwarnungen. Unterschiedliche Werte bestimmen genauer, welche Hinweise unterdrückt werden. Nützlich ist die Annotation bei der Umstellung von Quellcode, der vor Java 5 entwickelt wurde, denn mit Java 5 zogen Generics ein, eine Möglichkeit, dem Compiler noch mehr Informationen über Typen zu geben. Die Java-API-Designer haben daraufhin die Deklaration der Datenstrukturen überarbeitet und Generics eingeführt, was dazu führt, dass vor Java 5 entwickelter Quellcode mit einem aktuellen Java-Compiler eine Vielzahl von Warnungen ausgibt. Nehmen wir folgenden Programmcode:
ArrayList list;
list = new ArrayList();
list.add( "SuppressWarnings" );
Eclipse zeigt die Meldungen direkt an (siehe Abbildung 10.10), IntelliJ dagegen standardmäßig nicht.
Der Compiler javac meldet über die Kommandozeile recht unspezifisch:
Note: ABC.java uses unchecked or unsafe operations.
Note: Recompile with -Xlint:unchecked for details.
Mit dem gesetzten Schalter -Xlint heißt es dann genauer:
warning: [rawtypes] found raw type: ArrayList
ArrayList list1;
^
missing type arguments for generic class ArrayList<E>
where E is a type-variable:
E extends Object declared in class ArrayList
warning: [rawtypes] found raw type: ArrayList
list1 = new ArrayList();
^
missing type arguments for generic class ArrayList<E>
where E is a type-variable:
E extends Object declared in class ArrayList
warning: [unchecked] unchecked call to add(E) as a member of the raw type ArrayList
list1.add("SuppressWarnings");
^
where E is a type-variable:
E extends Object declared in class ArrayList
Zwei unterschiedliche Arten von Warnungen treten auf:
Da die Klasse ArrayList als generischer Typ deklariert ist, melden die ersten beiden Zeilen »found raw type: ArrayList« (javac) bzw. »ArrayList is a raw type. References to generic type ArrayList<E> should be parameterized« (Eclipse).
Die dritte Zeile nutzt mit add(…) eine Methode, die über Generics einen genaueren Typparameter bekommen könnte. Da wir keinen Typ angegeben haben, folgt die Warnung: »unchecked call to add(E) as a member of the raw type ArrayList« (javac) bzw. »Type safety: The method add(Object) belongs to the raw type ArrayList. References to generic type ArrayList<E> should be parameterized« (Eclipse).
Warnungen lassen sich über die Annotation @SuppressWarnings ausschalten. Als spezieller Modifizierer lässt sich die Annotation an der Variablendeklaration anbringen, an der Methodendeklaration oder an der Klassendeklaration. Die Reichweite ist aufsteigend. Wer bei altem Programmcode kurz und schmerzlos alle Warnungen abschalten möchte, der setzt ein @SuppressWarnings("all") an die Klassendeklaration.
[zB] Beispiel
Der Compiler soll keine Meldungen für die Klasse ausgeben:
Anstatt jede Warnung mit @SuppressWarnings("all") zu unterdrücken, ist es eine bessere Strategie, selektiv vorzugehen. Eclipse unterstützt uns mit einem Quick Fix und schlägt für unser Beispiel Folgendes vor:
@SuppressWarnings("rawtypes") für ArrayList list und list = new ArrayList()
@SuppressWarnings("unchecked") für list.add("...")
Da zwei gleiche Modifizierer nicht erlaubt sind – und auch zweimal @SuppressWarnings nicht –, wird eine besondere Array-Schreibweise gewählt.
[zB] Beispiel
Der Compiler soll für die ungenerisch verwendete Liste und ihre Methoden keine Meldungen geben:
@SuppressWarnings( { "rawtypes", "unchecked" } )
public static void main( String[] args ) {
ArrayList list = new ArrayList();
list.add( "SuppressWarnings" );
}
Kurz kam bereits zur Sprache, dass die @SuppressWarnings-Annotation auch bei der Variablendeklaration möglich ist. Für unser Beispiel hilft das allerdings wenig, wenn etwa bei der Deklaration der Liste alle Warnungen abgeschaltet werden:
@SuppressWarnings( "all" ) ArrayList list;
list = new ArrayList(); // Warnung: ArrayList is a raw type...
list.add( "SuppressWarnings" ); // Warnung: Type safety ...
Das @SuppressWarnings("all") gilt nur für die eine Deklaration ArrayList list und nicht für folgende Anweisungen, die etwas mit der list machen. Zur Verdeutlichung setzt das Beispiel die Annotation daher in die gleiche Zeile.
[»] Hinweis
Die Schreibweise @SuppressWarnings("xyz") ist nur eine Abkürzung von @SuppressWarnings({"xzy"}), und das wiederum ist nur eine Abkürzung von @SuppressWarnings(value= {"xzy"}).
Neben den von Generics kommenden Kennungen rawtype und unchecked gibt es weitere, die allerdings nicht sonderlich gut dokumentiert sind. Das liegt auch daran, dass Meldungen während der Programmübersetzung zur Compilerinfrastruktur gehören und nicht zur Laufzeitumgebung, und damit nicht zur traditionellen Java-API. Der Compiler kann im Prinzip beliebige Codeanalysen beliebiger Komplexität vornehmen und bei vermuteten Fehlern Alarm schlagen. Und wir dürfen auch nicht vergessen, dass es nur Warnungen sind: Wer als Programmierer alles richtig macht, wird die Meldungen nicht zu Gesicht bekommen. Dennoch ist es relevant, sie zu kennen, denn der Compiler wird manches Mal etwas anmerken, was Entwickler bewusst nutzen wollen, und dann gilt es, die Meldungen abzuschalten.
Die Entwickler des Eclipse-Compilers (JDT) dokumentieren die unterstützten Warnungen.[ 206 ](http://help.eclipse.org/oxygen/index.jsp?topic=%2Forg.eclipse.jdt.doc.user%2Ftasks%2Ftask-suppress_warnings.htm) Neben den aufgeführten Meldungen all, rawtype und unchecked sind folgende interessant:[ 207 ](AutoCloseable ist eine Schnittstelle, die Klassen implementieren, die über eine close()-Methode verfügen. Abschnitt 8.7.2 stellt diese Schnittstelle vor. )
@SuppressWarnings | Unterdrückt Meldungen für |
---|---|
deprecation | veraltete Elemente, wie new java.util.Date(2012-1970, 3, 3) |
incomplete-switch | ausgelassene Aufzählungen in switch-case-Anweisungen |
resource | ein nicht geschlossenes AutoCloseable, wie in new java.util. Scanner(System.in).nextLine()15 |
serial | eine serialisierbare Klasse, die keine Serialisierungs-ID besitzt |
unused | nicht benutzte Elemente, etwa nicht aufgerufene private Methoden |