14.7 JSP-Tag-Libraries
Unsere bisherigen Webseiten bestanden hauptsächlich aus Visualisierungen mit eingestreuten Java-Quellcode-Stücken. Bei guter Arbeit haben wir ausgiebig Beans benutzt, die das Datenmodell beinhalten. Leider bleibt dann immer noch das Problem, dass zu viel Java-Quellcode in der JSP verbleiben kann, was auch daran liegt, dass die Beans kein HTML erzeugen sollen, damit sie universell wiederverwendbar sind – Beans sollen mit JSPs direkt nichts zu tun haben. Erzeugen die Beans jedoch kein HTML und soll die JSP es ebenfalls nicht tun, bleibt die Frage, wer denn dann HTML-Ausgaben erzeugen soll und wie ohne Java-Programmcode eine Seitensteuerung stattfinden soll.
Die Antwort liegt in speziellen Bibliotheken mit benutzerdefinierten Tags (engl. custom tag libraries), kurz TagLibs genannt. Diese Tags sind gültiges XML, sodass es mit ihnen möglich wird, eine Webseite ganz ohne Scriptlets zu formulieren. Ein XML-Prozessor kann eine generierte Datei mit Tags dann als korrektes XML validieren.
Der Autor der Tags definiert nach außen eine Funktionalität ähnlich der der Beans. Den Nutzer hat es nicht zu interessieren, wie die Tags implementiert sind. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von freien Tag-Bibliotheken, etwa bei http://coldjava.hypermart.net/jsp.htm. Ein interessantes Beispiel ist http://coldjava.hypermart.net/servlets/skypetag.htm, das anzeigt, ob ein Benutzer bei Skype angemeldet ist oder nicht.
14.7.1 Standard Tag Library (JSTL)
Sun standardisierte mit der JSTL (Java Standard Tag Library) eine Sammlung von Tag-Bibliotheken, mit denen Webentwickler typische Aufgaben lösen können:
- Kernaufgaben (Iterationen, Fallunterscheidungen)
- landestypische Formatierungen
- XML-Verarbeitung (Parsing, Transformationen)
- Datenbankanbindungen
Besonders die Kern-Tags sind interessant und finden sich verbreitet in vielen Webapplikationen.
JSTL beziehen
Um die JSTL-Tags in einer JSP nutzen zu können, sind zum einen Implementierungen nötig und zum anderen Beschreibungsdateien, sogenannte TagLib-Deskriptoren. Die aktuelle JSTL 1.2 ist Teil der Java EE 5-Spezifikation, sodass wir entweder unsere JSPs auf einem Applikationsserver wie GlassFish laufen lassen, oder wir beziehen die JSTL-Implementierungen von der Webseite https://jstl.dev.java.net/ und können unsere JSPs ganz normal im Tomcat ausführen. Unter https://jstl.dev.java.net/download.html werden die zwei Java-Archive jstl-api-1.2.jar und jstl-impl-1.2.jar aufgeführt, die im Klassenpfad der Webapplikation liegen müssen. Für die Aufnahme im Klassenpfad gibt es zwei Möglichkeiten: Neue Bibliotheken sind entweder global für alle Webapplikationen oder lokal für genau eine Webapplikation. Im ersten Fall sind sie unter Tomcats Ordner lib abzulegen, im lokalen Fall im WEB-INF/lib-Verzeichnis der Webapplikation. Der erste Weg ist der einfachste, weil damit die aktuelle JSTL-Implementierung für alle Webapplikationen bereitsteht und auch beim Deployment in einem Java EE 5-Container keine Kollisionen verursacht.
TagLibs nutzen
In einer JSP meldet die TagLib-Direktive eine Tag-Bibliothek an. Ihr allgemeines Format ist:
<%@ taglib uri="URIForLibrary" prefix="tagPrefix" %>
Die Direktive definiert einen Namensraum (Präfix) und einen logischen Namen, mit dem der Tag-Library-Deskriptor verbunden ist. Im Fall der JSTL kann der Web-Container automatisch mit den logischen Namen die Tags assoziieren, bei eigenen TagLibs muss entweder in web.xml eine Zuordnung vorgenommen werden oder in der taglib-Direktive ein physikalischer Verweis stehen.
Die JSTL definiert mehrere TagLibs, die alle ihre eigenen logischen Namen tragen und ein übliches Präfix für den XML-Namensraum bekommen:
TagLib | Übliches Präfix | Logischer Name/URI |
Core |
c |
|
Formatierung |
fmt |
|
Funktionen |
fn |
|
SQL |
sql |
|
XML |
x |
Was eine TagLib für Tags definiert und welche Attribute nötig und erlaubt sind, dokumentiert die Webseite http://download.oracle.com/docs/cd/E17802_01/products/products/jsp/jstl/1.1/docs/tlddocs/.
Hinweis |
Es gibt eine alternative Darstellung, die XML-tauglicher ist und am Beispiel eines HTML-Dokuments gezeigt werden soll: <html xmlns:c="http://java.sun.com/jsp/jstl/core"> |
Core-Tags
Unter den Core-Tags finden sich Tags für Ausgabe, URL-Behandlung und imperatives Programmieren:
- <c:out>: Ausgabe von Werten, mit und ohne Umkodierungen der HTML-Sonderzeichen »<«, »&«.
- <c:set>: Setzt Variablen in einen Gültigkeitsbereich.
- <c:remove>: Löscht Variablen aus einem Gültigkeitsbereich.
- <c:if>, <c:choose>, <c:when>, <c:otherwise>: Realisieren Fallunterscheidungen.
- <c:forEach>, <c:forTokens>: Iterieren über Mengen oder Zeichenketten.
- <c:catch>: Fängt Ausnahmen auf.
- <c:url>, <c:redirect>, <c:import>: für URLs, Umleitungen und Einbettungen
Fallunterscheidung mit <c:if> und <c:choose>
Mithilfe der Fallunterscheidung soll eine Ausgabe erfolgen, wenn die Anzahl der Millisekunden der aktuellen Uhrzeit gerade ist:
<%@ taglib uri="http://java.sun.com/jsp/jstl/core" prefix="c"%>
<jsp:useBean id="datum" class="java.util.Date" />
${datum.time}:
<c:if test="${datum.time mod 2 == 0}">
Gerade Anzahl Millisekunden.
</c:if>
Da es beim <c:if> keine Alternative mit else gibt, bietet JSTL eine andere Lösung über <c:choose> (wer XSLT kennt, ist mit der Schreibweise schnell vertraut):
<%@ taglib uri="http://java.sun.com/jsp/jstl/core" prefix="c"%>
<c:set var="alter" value="1" />
<c:choose>
<c:when test="${alter < 16}" >
Kind
</c:when>
<c:when test="${alter >= 16 and alter < 18}" >
Jugendlich
</c:when>
<c:when test="${alter >= 18 and alter < 60}" >
Volljährig
</c:when>
<c:otherwise> Das reife Alter </c:otherwise>
</c:choose>
Schleifen
Mit eingebundenen Core-Tags soll eine Schleife von 0 bis 255 laufen, und die Schleifenwerte sollen RGB-Farben für die Ausgabe bilden:
<%@ taglib uri="http://java.sun.com/jsp/jstl/core" prefix="c"%>
<c:forEach var="col" begin="0" end="255">
<span style="color:rgb(${col},${col},${col})">${col}</span>
</c:forEach>
Die häufigste Aufgabe der <c:forEach>-Schleife dürfte es sein, über Sammlungen zu laufen:
<%@ taglib uri="http://java.sun.com/jsp/jstl/core" prefix="c"%>
<jsp:useBean id="format"
class="java.text.SimpleDateFormat" />
<c:forEach var="w"
items="${format.dateFormatSymbols.weekdays}" >
${w}
</c:forEach>
Die Ausgabe ist bei deutscher Lokalisierung: »Montag Dienstag ...«.
Iteriert <c:forEach> über eine Sammlung, gibt es mit einer besonders deklarierten Variable Zugriff auf die Positionen:
<%@ taglib prefix="c" uri="/WEB-INF/tld/c.tld" %>
<c:forEach var="i" items="a, b, c, d, e, f, g"
varStatus="status" begin="2" end ="4" >
i: ${i},
current: ${status.current},
index: ${status.index},
count: ${status.count}
<br>
</c:forEach>
Die Ausgabe ist dann:
i: c, current: c, index: 2, count: 1
i: d, current: d, index: 3, count: 2
i: e, current: e, index: 4, count: 3
URLs aufbauen
Das Tag <c:url> baut URLs mit Parametern auf. Nehmen wir eine JSP curl.jsp an:
<c:url value="http://www.google.de/search?" var="url">
<c:param name="q" value="${param.name}"/>
</c:url>
<a href='${url}'>Suche ${url}</a>.
Rufen wir das Skript mit dem Parameter name=Lego auf:
http://localhost:8080/jsp/curl.jsp?name=Lego
so wird die folgende URL generiert:
http://www.google.de/search?q=Lego&
Sonderzeichen werden URL-encoded.
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