7.3 Typen in Hierarchien
Die Vererbung bringt einiges Neue in Bezug auf Kompatibilität von Typen mit. Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit den Fragen, welche Typen kompatibel sind und wie sich ein Typ zur Laufzeit testen lässt.
7.3.1 Automatische und explizite Typumwandlung
Die Klassen Room und Player haben wir als Unterklassen von GameObject modelliert. Die eigene Oberklasse GameObject erweitert selbst keine explizite Oberklasse, sodass implizit java.lang.Object die Oberklasse ist. In GameObject gibt es das Attribut name, das Player und Room erben, und der Raum hat zusätzlich size für die Raumgröße.
Ist-eine-Art-von-Beziehung und die automatische Typumwandlung
Mit der Ist-eine-Art-von-Beziehung ist eine interessante Eigenschaft verbunden, die wir bemerken, wenn wir die Zusammenhänge zwischen den Typen beachten:
Ein Raum ist ein Raum.
Ein Spieler ist ein Spieler.
Ein Raum ist ein Spielobjekt.
Ein Spieler ist ein Spielobjekt.
Ein Spielobjekt ist ein java.lang.Object.
Ein Spieler ist ein java.lang.Object.
Ein Raum ist ein java.lang.Object.
Player playerIsPlayer = new Player();
GameObject gameObjectIsPlayer = new Player();
Object objectIsPlayer = new Player();
Room roomIsRoom = new Room();
GameObject gameObjectIsRoom = new Room();
Object objectIsRoom = new Room();
Es gilt also, dass immer dann, wenn ein Typ gefordert ist, auch ein Untertyp erlaubt ist. Der Compiler führt eine implizite Typumwandlung durch. Wir werden uns dieses sogenannte liskovsche Substitutionsprinzip im folgenden Abschnitt anschauen.
[»] Hinweis
Wenn wir var nutzen, dann wird der Typ der Variablen automatisch so sein wie der auf der rechten Seite.
Was wissen Compiler und Laufzeitumgebung über unser Programm?
Compiler und Laufzeitumgebung haben verschiedene Sichten auf das Programm und wissen unterschiedliche Dinge. Durch den Einsatz von new gibt es zur Laufzeit nur zwei Arten von Objekten: Player und Room. Auch dann, wenn es
GameObject goIsRoom = new Room();
heißt, referenziert goIsRoom zur Laufzeit ein Room-Objekt. Der Compiler aber »vergisst« dies und glaubt, goIsRoom wäre nur ein einfaches GameObject. In der Klasse GameObject ist jedoch nur name deklariert, aber kein Attribut size, obwohl das tatsächliche Room-Objekt natürlich eine size kennt. Auf size können wir aber erst einmal nicht zugreifen:
println( goIsRoom.name );
println( goIsRoom.size ); // gameObjectIsRoom.size cannot
// be resolved or is not a field
Schreiben wir noch einschränkender
Object objectIsRoom = new Room();
println( objectIsRoom.name ); // objectIsRoom.name cannot be
// resolved or is not a field
println( objectIsRoom.size ); // objectIsRoom.size cannot be
// resolved or is not a field
so steht hinter der Referenzvariablen objectIsRoom ein vollständiges Room-Objekt, aber weder size noch name sind nutzbar; es bleiben nur die Fähigkeiten aus java.lang.Object.
[»] Begrifflichkeit
Um den Typ, den der Compiler kennt, von dem Typ, den die JVM kennt, zu unterscheiden, nutzen wir die Begriffe Referenztyp und Objekttyp. Im Fall von GameObject p = new Player(); ist GameObject der Referenztyp und Player der Objekttyp (Merkhilfe: Es steht ein Objekt zur Laufzeit im Speicher). Der Compiler sieht nur den Referenztyp, aber nicht den Objekttyp. Vereinfacht gesagt: Der Compiler interessiert sich bei einer Konstruktion wie GameObject p = new Player(); nur für den linken Teil GameObject p und die Laufzeitumgebung nur für den rechten Teil p = new Player().
Explizite Typumwandlung
Diese Typeinschränkung gilt auch an anderer Stelle. Ist eine Variable vom Typ Room deklariert, können wir die Variable nicht mit einem »kleineren« Typ initialisieren:
GameObject go = new Room(); // Raum zur Laufzeit
Room cubbyhole = go; // Type mismatch: cannot convert from
// GameObject to Room
Auch wenn zur Laufzeit go ein Room referenziert, können wir cubbyhole nicht damit initialisieren. Der Compiler kennt go nur unter dem »kleineren« Typ GameObject, und das reicht nicht zur Initialisierung des »größeren« Typs Room.
Es ist aber möglich, das Objekt hinter go durch eine explizite Typumwandlung für den Compiler wieder zu einem vollwertigen Room mit Größe zu machen:
Room cubbyhole = (Room) go;
System.out.println( cubbyhole.size ); // Room hat das Attribut size
Unmögliche Anpassung und ClassCastException
Dies funktioniert aber lediglich dann, wenn go auch wirklich einen Raum referenziert. Dem Compiler ist das in dem Moment relativ egal, sodass auch Folgendes ohne Fehler compiliert wird:
GameObject go = new Player();
Room cubbyhole = (Room) go; // ClassCastException
System.out.println( cubbyhole.size );
Zur Laufzeit kommt es bei diesem Kuckucksobjekt zu einer ClassCastException:
Exception in thread "main" java.lang.ClassCastException: c.t.i.g.vd.Player cannot
be cast to c.t.i.g.vd.Room
at c.t.i.g.vd.ClassCastExceptionDemo.main(ClassCastExceptionDemo.java:8)
[»] Hinweis
Wenn wir
GameObject go = new Room();
schreiben, haben wir uns gezielt bei go für den Typ GameObject entschieden. Wir sollten uns bewusst sein, dass bei einer Variablendeklaration mit var die neue Variable exakt den Typ der rechten Seite bekommt.
var go = new Room();
Hier ist go ein Room, »hat« also mehr als ein GameObject. Es kann bei der Programmierung relevant sein, den Typ zu beschränken.
7.3.2 Das Substitutionsprinzip
Nehmen wir an, wir möchten Räume und Spieler an eine Methode übergeben, um eine Frage zu stellen. Die erste Idee wäre vermutlich die, zwei Methoden zu deklarieren:
public static void printQuestion( Room obj ) {
System.out.println( "Woher kommt " + obj.name + "?" );
}
public static void printQuestion( Player obj ) {
System.out.println( "Woher kommt " + obj.name + "?" );
}
Allerdings geht es besser, denn die Vererbung erlaubt eine Vereinfachung.
Stellen wir uns vor, Bekannte kommen ausgehungert von einer Wandertour zurück und fragen: »Haste was zu essen?« Die Frage zielt wohl darauf ab, dass es bei Hunger ziemlich egal ist, was wir anbieten, wichtig ist nur etwas Essbares. Daher können wir Eis, aber auch gegrillte Heuschrecken und Hakarl (isländischer fermentierter Hai) anbieten.
Diese Ausgangslage führt uns zu einem wichtigen Konzept in der Objektorientierung: »Wer wenig will, kann viel bekommen.« Genauer gesagt: Wenn Unterklassen wie Player oder Room die Oberklasse GameObject erweitern, können wir überall, wo GameObject gefordert wird, auch einen Player oder Room übergeben, da beide ja vom Typ GameObject sind und wir mit der Unterklasse nur spezieller werden. Auch können wir weitere Unterklassen von Player und Room übergeben, da auch die Unterklasse weiterhin zusätzlich das »Gen« GameObject in sich trägt. Alle diese Dinge wären vom Typ GameObject und daher typkompatibel. Wenn nun etwa eine Methode eine Übergabe vom Typ GameObject erwartet, kann sie alle Eigenschaften von GameObject nutzen, also das Attribut name, da ja alle Unterklassen die Eigenschaften erben und Unterklassen die Eigenschaften nicht »wegzaubern« können. Derjenige, dem wir »mehr« übergeben, kann zwar nichts mit den Erweiterungen anfangen, ablehnen wird er das Objekt aber nicht, weil es alle geforderten Eigenschaften aufweist.
Weil anstelle eines Objekts auch ein Objekt der Unterklasse auftauchen kann, sprechen wir von Substitution. Das Prinzip wurde von der Professorin Barbara Liskov[ 163 ](Die Zeitschrift »Discover« zählt sie zu den 50 wichtigsten Frauen in der Wissenschaft. ) formuliert und heißt daher auch liskovsches Substitutionsprinzip.
Die folgende Klasse AskForNameOfGameObject nutzt diese Eigenschaft. Sie fordert in der Methode printQuestion(GameObject) irgendein GameObject, von dem bekannt ist, dass es ein Attribut name hat, und formuliert eine Frage, woher der Name kommt. Im Hauptprogramm kann printQuestion(GameObject) ein Spieler oder Raum übergeben werden:
public static void printQuestion( GameObject go ) {
System.out.println( "Woher kommt " + go.name + "?" );
}
public static void main( String[] args ) {
Player player = new Player();
player.name = "Godman";
printQuestion( player ); // Woher kommt Godman?
GameObject room = new Room();
room.name = "Hogwurz";
printQuestion( room ); // Woher kommt Hogwurz?
}
Mit GameObject haben wir eine Basisklasse geschaffen, die verschiedenen Unterklassen Grundfunktionalität beibringt, in unserem Fall das Attribut name. So liefert die Basisklasse einen gemeinsamen Nenner, etwa gemeinsame Attribute oder Methoden, die jede Unterklasse besitzen wird. Das ist viel flexibler, als für die beiden Typen Room und Player eine Methode quote(Room) und printQuestion(Player) zu schreiben. Denn wenn es im Spiel später neue GameObject-Typen gibt, behandelt printQuestion(GameObject) diese ganz selbstverständlich mit.
In der Java-Bibliothek finden sich zahllose weitere Beispiele. Die println(Object)-Methode ist so ein Beispiel. Die Methode nimmt beliebige Objekte entgegen, denn der Parametertyp ist Object. Die Substitution besagt, dass wir alle Objekte dort einsetzen können, da alle Klassen von Object abgeleitet sind.
7.3.3 Typen mit dem instanceof-Operator testen
Der relationale Operator instanceof hilft dabei, Exemplare auf ihre Verwandtschaft mit einem Referenztyp zu prüfen. Er stellt zur Laufzeit fest, ob eine Referenz ungleich null und von einem bestimmten Typ ist. Der Operator ist binär, hat also zwei Operanden:
String s = "Toll";
System.out.println( s instanceof String ); // true
System.out.println( "Toll" instanceof Object ); // true
System.out.println( new Player() instanceof Object ); // true
Alles in doppelten Anführungsstrichen ist ein String, sodass instanceof String wahr ergibt. Für den zweiten und dritten Fall gilt: Alle Objekte gehen irgendwie aus Object hervor und sind somit logischerweise Erweiterungen.
[»] Hinweis
Der Operator instanceof testet ein Objekt auf seine Hierarchie. So ist zum Beispiel o instanceof Object für jedes Objekt o wahr, denn jedes Objekt ist immer Kind von java.lang.Object. Die Programmiersprache Smalltalk unterscheidet hier mit zwei Nachrichten isMemberOf (exakt) und isKindOf (wie Javas instanceof). Um den exakten Typ zu testen, lässt sich mit dem Class-Objekt arbeiten, etwa wie im Ausdruck o.getClass() == Object.class, der testet, ob o genau ein Object-Objekt ist.
Die bisherigen Beziehungen hätte der Compiler bereits herausfinden können. Vervollständigen wir das, um zu sehen, dass instanceof wirklich zur Laufzeit den Test durchführen muss. In allen Fällen ist das Objekt zur Laufzeit ein Raum:
Room go1 = new Room();
System.out.println( go1 instanceof Room ); // true
System.out.println( go1 instanceof GameObject ); // true
System.out.println( go1 instanceof Object ); // true
GameObject go2 = new Room();
System.out.println( go2 instanceof Room ); // true
System.out.println( go2 instanceof GameObject ); // true
System.out.println( go2 instanceof Object ); // true
System.out.println( go2 instanceof Player ); // false
Object go3 = new Room();
System.out.println( go3 instanceof Room ); // true
System.out.println( go3 instanceof GameObject ); // true
System.out.println( go3 instanceof Object ); // true
System.out.println( go3 instanceof Player ); // false
System.out.println( go3 instanceof String ); // false
Keine beliebigen Typtests mit instanceof
Der Compiler lässt aber nicht alles durch. Liegen zwei Typen überhaupt nicht in der Typhierarchie, lehnt der Compiler den Test ab, da die Vererbungsbeziehungen schon inkompatibel sind:
System.out.println( "Toll" instanceof StringBuilder );
// Incompatible conditional operand types String and StringBuilder
Der Ausdruck ist falsch, da StringBuilder keine Basisklasse für String ist.
Zum Schluss:
Object ref1 = new int[ 100 ];
System.out.println( ref1 instanceof String );
System.out.println( new int[100] instanceof String ); // Compilerfehler
[»] Hinweis
Mit instanceof lässt sich der Programmfluss aufgrund der tatsächlichen Typen steuern, etwa mit Anweisungen wie if(reference instanceof Typ) A else B. In der Regel zeigt Kontrolllogik dieser Art aber tendenziell ein Designproblem an und kann oft anders gelöst werden. Das dynamische Binden ist so eine Lösung; sie wird später in Abschnitt 7.5, »Drum prüfe, wer sich dynamisch bindet«, vorgestellt.
instanceof und null
Ein instanceof-Test mit einer Referenz, die null ist, gibt immer false zurück:
String ref2 = null;
System.out.println( ref2 instanceof String ); // false
System.out.println( ref2 instanceof Object ); // false
Das leuchtet ein, denn null entspricht ja keinem konkreten Objekt.
[+] Tipp
Da instanceof einen null-Test enthält, sollte statt etwa
if ( s != null && s instanceof String )
immer vereinfacht so geschrieben werden:
if ( s instanceof String )