6.3 Eine für alle – statische Methoden und statische Attribute
Exemplarvariablen sind eng mit ihrem Objekt verbunden. Wird ein Objekt geschaffen, erhält es einen eigenen Satz von Exemplarvariablen, die zusammen den Zustand des Objekts repräsentieren. Ändert eine Objektmethode den Wert einer Exemplarvariablen in einem Objekt, so hat dies keine Auswirkungen auf die Daten der anderen Objekte; jedes Objekt speichert eine individuelle Belegung. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen Eigenschaften oder Methoden nicht direkt einem individuellen Objekt zugeordnet werden, sondern mit der Klasse, dem »Bauplan« der Objekte.
Diese Art von Zugehörigkeit unterstützt Java durch statische Eigenschaften. Da sie zu keinem Objekt gehören (wie Objekteigenschaften), nennen wir sie auch Klasseneigenschaften. Es gibt statische Methoden und statische Variablen – ein paar sind uns schon über den Weg gelaufen.
Statische Variablen | |
---|---|
Math.random() liefert eine Zufallszahl. | System.out referenziert einen Ausgabestrom für die Standard-Konsolenausgabe. |
Math.sin(…) berechnet den Sinus. | Math.PI bestimmt die Zahl 3,1415… |
Integer.parseInt(…) konvertiert einen String in eine Ganzzahl. | Integer.MAX_VALUE ist die größte darstellbare int-Ganzzahl. |
JOptionPane.showInputDialog(…) zeigt einen Eingabedialog. | Font.MONOSPACED steht für eine Schriftart fester Breite. |
Color.HSBtoRGB(…)* konvertiert Farben vom HSB-Farbraum in den RGB-Farbraum. | MediaSize.ISO.A4 definiert die Größe einer DIN-A4-Seite, nämlich 210 mm × 297 mm. |
* Ja, die Methode beginnt unüblicherweise mit einem Großbuchstaben. |
Diese genannten Eigenschaften sind keinem konkreten Objekt zugeordnet, sondern vielmehr der Klasse. Die Sinus-Methode ist ein Beispiel für eine statische Methode der Math-Klasse, und MAX_VALUE ist ein statisches Attribut der Klasse Integer und out ein statisches Attribut der Klasse System. Alle diese Eigenschaften sind nicht an ein individuelles Objekt gebunden, sondern sozusagen »objektübergreifend«.
6.3.1 Warum statische Eigenschaften sinnvoll sind
Statische Eigenschaften haben gegenüber Objekteigenschaften den Vorteil, dass sie im Programm ausdrücken, keinen Zustand vom Objekt zu nutzen. Betrachten wir noch einmal die statischen Methoden aus der Klasse Math. Wenn sie Objektmethoden wären, so würden sie in der Regel mit einem Objektzustand arbeiten. Die statischen Methoden hätten keine Parameter und nähmen ihre Arbeitswerte nicht aus den Argumenten, sondern aus dem internen Zustand des Objekts. Das macht aber keine Math-Methode. Um den Sinus eines Winkels zu berechnen, benötigen wir kein spezifisches Mathe-Objekt. Andersherum könnte eine Methode wie setName(String) eines Spielers nicht statisch sein, da der Name ganz individuell für einen Spieler gesetzt werden soll und nicht alle Spieler-Objekte immer den gleichen Namen tragen sollten.
Statische Methoden sind aus diesem Grund häufiger als statische Variablen, da sie ihre Arbeitswerte ausschließlich aus den Parametern ziehen. Statische Variablen werden in erster Linie als Konstanten verwendet.
6.3.2 Statische Eigenschaften mit static
Um statische Eigenschaften in Java umzusetzen, fügen wir vor der Deklaration einer Variablen oder einer Methode das Schlüsselwort static hinzu. Für den Zugriff verwenden wir statt der Referenzvariablen einfach den Klassennamen.
Deklarieren wir eine statische Methode und eine statische Variable für eine Klasse GameUtils. Die Methode soll testen, ob Bezeichner, die im Spiel etwa für die Gegenstände verwendet werden, korrekt sind; ein korrekter Bezeichner ist nicht zu lang und enthält kein Sonderzeichen. Zum Testen greifen wir auf matches("\\w+") zurück, eine String-Methode, die mit einem regulären Ausdruck prüft, ob der gesamte String nur Wortzeichen[ 149 ](Laut https://docs.oracle.com/en/java/javase/14/docs/api/java.base/java/util/regex/Pattern.html ist \w gleichwertig zu [a-zA-Z_0-9], enthält also zum Beispiel deutsche Umlaute nicht. ) enthält.
Die Konstante MAX_ID_LEN steht für die maximale Bezeichnerlänge. Die Variable ist mit dem Modifizierer final versehen, da MAX_ID_LEN eine Konstante ist, deren Wert später nicht mehr verändert werden soll:
public class GameUtils {
public static final int MAX_ID_LEN = 20 /* chars */;
public static boolean isGameIdentifier( String name ) {
if ( name == null )
return false;
return name.length() <= MAX_ID_LEN && name.matches( "\\w+" );
}
}
Die statischen Eigenschaften werden mit dem Klassennamen GameUtils angesprochen:
System.out.println( GameUtils.isGameIdentifier( "Superpig" ) ); // true
System.out.println( GameUtils.isGameIdentifier( "Superpig II" ) ); // false
Eclipse stellt statische Eigenschaften kursiv dar.
[+] Tipp
Falls eine Klasse nur statische Eigenschaften deklariert, spricht nichts dagegen, einen privaten Konstruktor anzugeben – das verhindert den äußeren Aufbau von Objekten. Abschnitt 6.5.1, »Konstruktoren schreiben«, erklärt Konstruktoren genauer und erläutert auch weitere Anwendungsfälle für private Konstruktoren.
Gültigkeitsbereich, Sichtbarkeit und Lebensdauer
Bei statischen und nichtstatischen Variablen können wir deutliche Unterschiede in der Lebensdauer festmachen. Eine Objektvariable beginnt ihr Leben mit dem new, und sie endet mit der automatischen Speicherbereinigung, dem Garbage-Collector. Eine statische Variable dagegen beginnt ihr Leben in dem Moment, in dem die Laufzeitumgebung die Klasse lädt und initialisiert. Das Leben der statischen Variablen endet, wenn die JVM die Klasse entfernt und aufräumt. Der Zugriff auf statische Variablen ist immer in allen Blöcken gestattet, da ja auch in Objektmethoden die statische Variable »schon eher da war« als das Objekt selbst, denn ein new setzt ja die geladene Klassendefinition, die die statischen Variablen vorbereitet, voraus. Durch statische Variablen können schnell Speicherprobleme entstehen, wenn Entwickler vergesssen, dass sie große Objektbäume referenzieren. Und die bleiben so lange im Speicher wie die Klasse selbst – das kann bis zum Ende der Anwendung sein.
6.3.3 Statische Eigenschaften über Referenzen nutzen? *
Besitzt eine Klasse eine Klasseneigenschaft, so kann sie auch wie ein Objektattribut über die Referenz angesprochen werden. Dies bedeutet, dass es prinzipiell zwei Möglichkeiten gibt, wenn ein Objektexemplar existiert und die Klasse ein statisches Attribut hat. Bleiben wir bei unserem obigen Beispiel mit der Klasse GameUtils. Wir können für den Zugriff auf MAX_ID_LEN Folgendes schreiben:
System.out.println( GameUtils.MAX_ID_LEN ); // Genau richtig
GameUtils ut = new GameUtils();
System.out.println( ut.MAX_ID_LEN ); // Nicht gut
Zugriffe auf statische Eigenschaften sollten wir nie über die Objektreferenz schreiben, denn dem Leser ist sonst nicht klar, ob die Eigenschaft statisch oder nichtstatisch ist. Das zu wissen ist aber wichtig. Aus diesem Grund sollten wir statische Eigenschaften immer über ihren Klassennamen ansprechen.
Eclipse gibt eine Meldung aus, wenn statische Eigenschaften über eine Referenz verwendet werden, und bietet ein Refactoring an.
[»] Hinweis
Bei statischen Zugriffen spielt die Referenz keine Rolle, und sie kann auch null sein. Wer im Wettbewerb um das schlechteste Java-Programm weit vorn sein möchte, der schreibt:
System.out.println( ((GameUtils) null).MAX_ID_LEN );
6.3.4 Warum die Groß- und Kleinschreibung wichtig ist *
Die Vorgabe der Namenskonvention besagt: Klassennamen sind mit Großbuchstaben zu vergeben und Variablen-/Methodennamen mit Kleinbuchstaben (sofern die Variable keine Konstante beschreibt). Treffen wir auf eine Anweisung wie Math.random(), so wissen wir sofort, dass random() eine statische Methode sein muss, weil davor ein Bezeichner steht, der großgeschrieben ist. Dieser kennzeichnet also keine Referenz, sondern einen Klassennamen. Daher sollten wir in unseren Programmen großgeschriebene Objektnamen meiden.
Das folgende Beispiel demonstriert anschaulich, warum Referenzvariablen mit Kleinbuchstaben und Klassennamen mit Großbuchstaben beginnen sollten:
String StringModifier = "What is the Matrix?";
String t = StringModifier.trim();
Die trim()-Methode ist nicht statisch, wie die Anweisung durch die Großschreibung der Variablen suggeriert.
Das gleiche Problem haben wir, wenn wir Klassen mit Kleinbuchstaben benennen. Auch dies kann irritieren:
class player {
static void move() { }
}
Jetzt könnte jemand player.move() schreiben, und der Leser nähme an, dass player wegen seiner Kleinschreibung eine Referenzvariable wäre und move() eine Objektmethode. Wir sehen an diesem Beispiel, dass es wichtig ist, sich an die Groß-/Kleinschreibung zu halten.
6.3.5 Statische Variablen zum Datenaustausch *
Die Belegung einer statischen Variablen wird bei dem Klassenobjekt gespeichert und nicht bei einem Exemplar der Klasse. Wie wir aber gesehen haben, kann jedes Exemplar einer Klasse auch auf die statischen Variablen der Klasse zugreifen. Da eine statische Variable aber nur einmal pro Klasse vorliegt, führt dies dazu, dass mehrere Objekte sich eine Variable teilen.
Ist etwa ein Attribut PI statisch und size ein Objektattribut, so ergibt sich bei zwei Exemplaren folgendes Bild:
Während also beide Exemplare das gleiche PI nutzen, können beide Exemplare size völlig unterschiedlich belegen.
Aufgebaute Exemplare mitzählen
Mit diesem Wissen wird es möglich, einen Austausch von Informationen über die Objektgrenze hinaus zu erlauben. Wir wollen das in einem Beispiel nutzen, in dem der Konstruktor die Anzahl der erzeugten Objekte mitzählt; eine statische Methode liefert später die bis dahin gebauten Exemplare:
public class Rollercoaster {
private static int numberOfInstances;
{
numberOfInstances++;
}
public static int getNumberOfInstances() {
return numberOfInstances;
}
public static void main( String[] args ) {
new Rollercoaster();
new Rollercoaster();
System.out.println( Rollercoaster.getNumberOfInstances() ); // 2
}
}
Die statische Variable numberOfInstances wird bei jedem neuen Exemplar über den Konstruktor hochgesetzt. Direkt ausgeschrieben ist der Konstruktor nicht, sondern es findet ein Exemplarinitialisierer Anwendung (siehe dazu Abschnitt 6.6.1, »Initialisierung von Objektvariablen«), da der Compiler den Code automatisch in jeden Konstruktor kopiert. Das hat den Vorteil, dass Entwickler später problemlos neue Konstruktoren für den Rollercoaster hinzufügen können, ohne das Inkrement der statischen Variablen immer im Hinterkopf behalten zu müssen.
[»] Hinweis
Bei nebenläufigen Zugriffen auf statische Variablen kann es zu Problemen kommen. Deshalb müssen wir spezielle Synchronisationsmechanismen nutzen – die das Beispiel allerdings nicht verwendet. Statische Variablen können auch schnell zu Speicherproblemen führen, da Objektreferenzen sehr lange gehalten werden. Der Einsatz muss wohldurchdacht sein.
6.3.6 Statische Eigenschaften und Objekteigenschaften *
Wie wir oben gesehen haben, können wir über eine Objektreferenz auch statische Eigenschaften nutzen. Wir wollen uns aber noch einmal vergewissern, wie Objekteigenschaften und statische Eigenschaften gemischt werden können. Erinnern wir uns daran, dass unsere ersten Programme aus der statischen main(…)-Methode bestanden, aber unsere anderen Methoden auch static sein mussten. Dies ist sinnvoll, da eine statische Methode – ohne explizite Angabe eines aufrufenden Objekts – nur andere statische Methoden aufrufen kann. Wie sollte auch eine statische Methode eine Objektmethode aufrufen können, wenn es kein zugehöriges Objekt gibt? Andersherum kann aber jede Objektmethode eine beliebige statische Methode direkt aufrufen. Genauso verhält es sich mit Attributen. Eine statische Methode kann keine Objektattribute nutzen, da es kein implizites Objekt gibt, auf dessen Eigenschaften zugegriffen werden könnte.
this-Referenzen und statische Eigenschaften
Auch der Einsatz der this-Referenz ist bei statischen Eigenschaften nicht möglich. Eine statische Methode kann also keine this-Referenz verwenden; auf welches Objekt sollte this auch zeigen?
class InStaticNoThis {
String name;
void printName() {
System.out.println( name );
}
public static void main( String[] args ) {
name = "Amanda"; // Cannot make a static reference to the non-static field name
printName(); // Cannot make a static reference to the non-static method
// printName() from the type InStaticNoThis
System.out.println( this ); // Cannot use this in a static context
}
}
Auch im statischen Initialisierungsblock (siehe dazu Abschnitt 6.6.2, »Statische Blöcke als Klasseninitialisierer«) ist this nicht erlaubt.